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Lebensmotive

Zur Zeit lese ich ein Buch zum KeyAccountManagement. Darin wurden auch kurz die 16 Lebensmotive nach Steven Reiss angesprochen. Neugierig habe ich im Internet danach gesucht.

Ich lese gleich mal: Rache. Beim ersten Mal Lesen denke ich, das bin so überhaupt nicht ich, aber es trifft auf meine verstorbene Quasi-Stiefmutter zu (wenn Ihr jetzt an Märchenfiguren denkt: Recht habt Ihr, sie hatte ein Verhältnis zu mir wie im Märchen). Die war rachedurstig.
Beim zweiten Mal Lesen denke ich, mit ihr hat die negative Besetzung von Rache viel zu tun, aber das, was in dem Kästchen beschrieben wird, das trifft auch auf mich zu. Und überhaupt, so beim Nachdenken, wird mir alles schwammiger (also gucke ich ein paar der dazugehörigen Youtube-Filmchen).

Dann lese ich: Macht. Der ausgeprägte Wille, andere zu beeinflussen, gar zu lenken. Das war ganz stark ausgeprägt bei meinem Vater. Dafür hat dort dann auch jedes Verantwortungsbewusstsein gefehlt. (Pygmalion zu spielen hat keinen Zweck, ergibt nur Ärger.)
Heisst für mich, ein starker Machtwille ist nicht per se gut. Aber stimmt denn, dass - im Umkehrschluss -, wer gerne Verantwortung trägt, dann keinen Machtwillen hat? Ich stimme damit nicht überein.

Ich komme mir jetzt doch vor wie beim Lesen eines Horoskops: Erst wirkt es schlagend, dann nur noch schwammig.

Erinnerungen an die Pandemie

So lange ist das noch gar nicht her, aber ich bin schon am Verdrängen und Vergessen.
Da fällt mir ein Gedichtband, erschienen bei der Büchergilde, in die Hände: von Safiye Can: HerzSchlagDrama. Darin sind Gedichte aus verschiedenen ihrer Gedichtbände versammelt. Unter anderem eben Gedichte aus der Pandemie.

Auf Seite 74 steht als Abschluss des Gedichts "Poesie und Pandemie":
Wir haben in diesem Jahr gelernt
wie man sich die Hände wäscht
das ist kein schlechter Anfang.
Und wenn wir klüger sind
lernen wir endlich auch Menschlichkeit.

Ja, das war so unser Traum, endlich auch Menschlichkeit zu lernen.
Ich sag nichts weiter dazu.

"boy meets girl"

"Julia Holbe erzählt mit Leichtigkeit (...)" steht auf dem Buchrücken, Zsuzsa Bánk zitierend. Zuerst hatte mich das schöne Titelbild angesprochen, dann die Rezension von Zsuzsa Bánk auf dem Buchrücken. Und dann der Klappentext: "'Boy meets Girl' ist ein Roman wie ein französischer Film: leichtfüßig, tiefgründig und nachklingend".

Ich habe es aus der Stadtbücherei ausgeliehen und mitgenommen, ein Zufallsfund unter der Rubrik "Frauen". Unter dieser Rubrik weiss man nie, was man so findet: Weibchen-Romane (so nenne ich sie) à la Hera Lind oder gute Unterhaltung? Dieses Buch hier gehört in letztere Kategorie und ich bin nach den ersten Seiten immer noch dabei.

Das Buch heisst boy meets girl, die Autorin ist Julia Holbe und erschienen ist es im Penguin-Verlag.

Ewald Arenz: Die Liebe an miesen Tagen

Ein Buch, ein Liebesroman wie aus dem Leben gegriffen, hach! Endlich mal nicht so ein komischer Kitsch à la sie muss sich vom Tod irgendeiner Verwandten erholen, zieht aufs Land und da wartet dann der Held ihrer Tage. So etwas mag ich nicht lesen, da reicht mir schon die eintönige Wiederholung der Buchbeschreibungen.

Also, aus dem Leben gegriffen. In Rezensionen lese ich - hier beim NDR:
Vielmehr scheint er genau zu beobachten, was seine Figuren zueinander hinzieht, aber auch, was sie voneinander wegtreibt. Das sind vor allem nachvollziehbare Bedenken, die ein bereits gelebtes Leben mit all seinen Erfahrungen nun mal mit sich bringt.

Das lese ich über diesen Roman immer wieder:
ein bereits gelebtes Leben mit all seinen Erfahrungen
Es ist keine Teenagerliebe, keine Kinderliebe, sondern die beiden Protagonisten stehen in der Mitte des Lebens, sie um einiges älter als er. Natürlich haben sie ihre sonstigen Lebensbezüge wie etwa die demente Mutter von Clara oder der in einer (eher losen) Beziehung steckende Elias. Vielleicht zieht in Kitschromanen immer die Heldin aufs einigermassen einsame Land, weil man da umso kitschiger schreiben kann? Was weiss ich, denn ich finde, wir stecken immer in unseren Bezügen und warten nicht auf einen edlen Helden oder Heldin.

Das eben ist an diesem Roman so schön, dass er das Leben in all seinen Facetten bedenkt. In der oben zitierten Rezension heisst es am Ende:
Es ist auch eine Art Lebensroman, der mit so beeindruckender Leichtigkeit von den schwersten und den schönsten Momenten des Lebens so erzählt, dass man Lust bekommt, sich selbst immer wieder unerschrocken ins Getümmel der Gefühle zu werfen.
Jawoll!

Freundschafts-Mythos

Aus der Stadtbücherei habe ich mir das Buch Mit Autismus leben von Christine Preißmann ausgeliehen. Sie soll sehr empfehlenswert sein, eine Ärztin, Autorin, Psychotherapeutin, die auch als Betroffene das Thema sehr gut kennt.

Ich will mich nicht mehr gross weiter in das Thema vertiefen - ich habe das vor ca. 15 Jahren gemacht - aber so als Abschluss wird es nicht schlecht sein, denke ich. (Abgesehen davon, finde ich es besser, mich auf das jeweiligen Individuum einzulassen, denn erstens ist niemand DAS Syndrom oder DIE Krankheit (was es auch immer sei) und zweitens ist Autismus ein sehr grosses Spektrum.)

Auf Seite 115 im zweiten Abschnitt schreibt sie was, das kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Es geht um Freundschaften (Autisten tun sich oft schwer damit) und was für Vorteile "normale" Menschen mit ihrer grossen Anzahl an Freundschaften haben.
"Menschen, die viele Freunde haben, können von deren unterschiedlichen Kompetenzen sehr profitieren, erhalten also durch die anderen zusätzliches Wissen, neue Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie nutzen können. Wenn man also etwa Handwerker, Steuerberater, Anwälte, Ärzte, Buchverleger oder Finanzexperten kennt, kann man viele Anforderungen des Alltags bereits bewältigen, bevor man sich an professionelle Adressen wenden muss."

Das stimmt so nicht. Ich habe wohl einen grossen Bekanntenkreis, bunt gemischtes Volk, aber ich muss "trotzdem" viel alleine machen. Andere Menschen sind nicht mein verlängerter Arm, sie sind sie selbst, mit ihren ganz eigenen Nöten, Bedürfnissen, Wünschen. Dazu gehört auch, die Profession des anderen zu respektieren und nicht "für umme" Expertenmeinung/-rat/-fertigkeiten einzuholen. Das wäre Ausnutzerei. Ein gewisser Austausch ist schon da, aber nicht in diesem hohen Mass, wie sie es hier suggeriert.